Sonntag, 27. September 2015

Der Rippchen-Trip (4. Teil)

Auf der Ponderosa ist es nachts still und dunkel. Das liegt daran, dass es nebenan keine bevölkerten Städte gibt. Das Dreigestirn Carson City, Virginia City und Reno liegt ein bisschen entfernt (außerdem hinter der Hausecke). Am Horizont sieht man nichts, nicht mal einen Lichtkegel von entfernten Straßenlaternen oder schlaflosen Häusern, nur Schwarz, wo man hinsieht, oben, unten, links und rechts – alles schwarz.

Dafür war die Stille nicht ganz so absolut. Hinter mir wurde gesägt, was das Zeug hielt. Es tat nach Brandy riechen. Ich war froh, dass ich alle Suffköppe heil in unser Gastzimmer gekriegt hatte. Jetzt schliefen sie. Trotzdem weiß ich, was so alles geredet wird, besonders von Leuten, die nicht dabei waren. Hinterher heißt es immer: „Hättste mal ...“ oder „Dir als Reisechef obliegt schließlich die Verantwortung.“ Deshalb habe ich ein Foto gemacht. Ich will allen Nörglern und Predigern unmissverständlich zeigen, dass es meiner Reisegruppe gut ging. Natürlich habe ich ohne Blitz geknipst, denn sonst wären sie ja aufgewacht. Überzeugt euch selbst, alle da:


Paule, Mia, Cora, ganz rechts das Platte, das ist der Pit.

Der Lütte schlief unten im Wohnzimmer neben dem Kamin. Das hatte ich ja letztes Mal schon gesagt.

Als es zu dämmern begann – es war noch nicht ganz hell, aber der gute Wille war zu erkennen –, ist ein Wagen vom Hof gefahren. Es waren Little Joe, ein Pferd und der kleine Jack rechts auf der Beifahrerbank. Vom Fenster aus konnte ich das genau sehen. Ich habe mir ein bisschen Sorgen gemacht, denn wenn Little Joe sein Zuhause fluchtartig verließ, so wie es aussah, dass es es täte, und natürlich wegen dem Weibergequatsche von der Mia und der Cora, damit er das nicht mehr ertragen müsste, was würde dann aus dem Kleinen werden? Nicht dass er unschuldig einer Kopflosigkeit zum Opfer fiele und womöglich als Entführter auf einer kleinen Farm in Minnesota landen täte oder irgendwie so. Doch dann habe ich mir gedacht: Sei logisch, Max. Wahrscheinlich sind sie nur Brötchen holen gefahren.

Der Lake Tahoe in der Dämmerung

Ich habe noch gewartet, bis es ganz hell war. Dann habe ich mich dem Tagesprogramm zugewendet. Die Emaille-Waschschüssel und ein silberner Kerzenständer waren mir eine große Hilfe. Meine Reisebegleiter standen sofort senkrecht neben dem Bett. Ha, sehr schön. Wenn doch alles immer so glatt liefe.

Der Paule hat mit keiner Wimper gezuckt. Der war auf Anhieb hellwach. Das würde ich der Tante Gisela berichten müssen, damit beim nächsten Aufenthalt im privaten Knallbirnenheim die Dosis erhöht wird. Der Kerl war ja schon wieder nüchtern wie 'n kompletter Engelschor.

Die Cora hat sich auch nur ein bisschen gereckt und ein paar Mal mit dem Schnabel geschmatzt, sonst war sie ebenfalls erstaunlich fit. Na, wenn die man nicht auch schon längst ihren Mitgliedsantrag bei der Säuferkaste abgegeben hatte. Arme Tante Gisela, gleich zwei Vögel in Therapie, das wird teuer werden.

Dem Pit standen die Barthaare korkenzieherartig ab. Das sah entgleist aus. Die Gesichtszüge zeigten eine Gemütsverfassung, die ich unterhalb von „neutral“ ansiedeln würde. Trotzdem war ich sicher, dass er mir den Silberleuchter NICHT über den Kopf hauen würde. Das täte er nicht wagen.

Einzig die Mia sah richtig Scheiße aus. Kennt ihr Seidenstoff? Wenn der so richtig schön knittert und obendrein dunkle Schweißflecken bildet? Genau. So sah die Mia aus. Dazu eine dicke Zunge, die seitwärts aus dem Schnabel hing, und einen Gang wie 'n Fischweib beim Durchzählen der Heringsvorräte in den Salzfässern. Ich hätte mich wegschmeißen können. Die schnieke, süße Mia, so hoffnungslos abgeschmiert. Wann würde man das noch mal erleben dürfen?

Später beim Frühstück stellte sich heraus, dass man bei den Cartwrights das Brot selbst backt. Leckeles, flisches Landblot. Ich war nun echt in Sorge.


Hoss und Adam waren schon weg, Zäune reparieren. Vater Cartwright saß nebenan mit der Zeitung. Hinten drin standen die Fleischpreise; die interessierten ihn. Wir kriegten Kaffee, Bratkartoffeln, Baked Beans und wer wollte Brot dazu. Hop Sing hatte wieder das gute Geschirr rausgeholt, und an jedem Platz lag eine weiße Serviette mit Stickerei.
„Po?“, hat der Paule gefragt. „Was ist das denn?“
„Die Abkürzung von Ponderosa, du Blitzbirne“, habe ich gesagt.

Der Pit kriegte sein Frühstücksei, so wie er es am Vortag beim Koch bestellt hatte. Der feine Lackel, seit wann futtert der morgens Ei? 

Ha ha ha, das doofe Gesicht. Selbst schuld. Bestimmt hatte er genuschelt bei der Bestellung, und Hop Sing ist nun mal Chinese ohne nähere Kenntnis der regionalen holsteinischen Bezeichnung dessen, was Hühnern aus dem Hintern flutscht. Dabei kann so was schon mal passieren. Der Pit tat sich stattdessen Bratkartoffeln auf den Teller. Wer mir die Bohne an die Stirn geschossen hat, konnte leider nicht geklärt werden. Alle Tatverdächtigen verneinten und mampften ungerührt weiter.

Gott sei Dank kam wenig später Little Joe mit dem Lütten zurück. Die Cora kriegte augenblicklich 'ne Wirbelsäule wie vom Katapult in die Senkrechte geschossen. Dazu taten die Augendeckel klimpern. Für diese Vorstellung war diesmal die Cora allein zuständig, denn die Mia konnte nicht, die hatte Unpässlichkeit. Little Joe tat aber sowieso nur kurz in die Runde grüßen und ist gleich wieder abgehauen. Er müsse noch Zäune flicken gehen, hat er gesagt.

 „Wo wart ihr denn?“, habe ich mir erst mal den Jack zur Brust genommen.
„Wir waren Pferde gucken, unten an der Weide. Eins hatte was mit dem Hufeisen. Ich habe es jagen dürfen – ganz allein! Little Joe hat es eingefangen und wir haben es zur Schmiede gebracht. Little Joe ist toll!“

Der Cora stand der Schnabel offen. Neidisch? Wie ich vermute, hätte sie selbst gern das Pferd dem Little Joe vors Lasso getrieben. Ich meine, wegen Nähe und gemeinsamer Erlebniswelt und der Dinge, die sich daraus ergeben mögen. Näheres kann ich dazu nicht sagen. Das sind Östrongen-Angelegenheiten, die zu verstehen ein Mann nun wirklich nicht ausgestattet ist.

Nach dem Frühstück hieß es, wir würden in die Stadt fahren, Touristikprogramm, extra für uns. Das war inbegriffen im Gewinn. Hoss stand mit dem Wagen vor der Tür. Es war derselbe, mit dem Little Joe und Jack weg gewesen waren.
„Hoss, hast du die Zäune unten am Creek repariert?“, hat Vater Cartwright gefragt. Er hatte noch die Zeitung in der Hand.
„Ja, Pa“, hat Hoss geantwortet.
Schön, dann konnte es ja losgehen.

Wir haben alle vorn auf der Bank Platz genommen. Kutschbock wäre zu viel gesagt; so hoch war der Wagen nicht. Es war eher ein flacher Kasten mit einem Pferd davor, mit einer großen Ladefläche hinten und einer einfachen Holzbank, wo Hoss mit den Zügeln saß und wir daneben. Der Lütte tat strahlen, er verfügte über Insiderwisser. Die Mia gaffte dafür umso finsterer, offenbar wild entschlossen, jede Freude, die sich ihrer bemächtigen könnte, im Keim zu ersticken.

Die Landschaft um die Ponderosa ist sehr beständig. Man fährt an Hügeln vorbei, an vielen, vielen Kiefern und in der Ferne sieht man Berge von beachtlicher Höhe. 

 
So sieht's da aus ...



... oder so. 



Nein, das ist nicht Nevada, das ist Arizona. Auch hübsch, nicht?

Früher war Virginia City das urbane Zentrum der Gegend. Das lag an den Gold- und Silberminen, die es hier gab. Bis 1850 gehörte Nevada noch zu Mexiko. Die Stadt war voll von Saloons und solchen Häusern, die vornehmlich von extrovertierten Damen bewohnt werden. Heute ist Virginia City nicht mal mehr eine Stadt, sondern nur so was Ähnliches, zumindest verwaltungstechnisch gesehen. Heute leben etwa 900 Leute dort.

Was Vergnügen und Größe angeht, so hat Reno Virginia City inzwischen den Rang abgelaufen. In Reno waren wir gestern gelandet. Die 230.00 Einwohner haben einen Flugplatz, Spielkasinos und wohnen zum Teil in Hochhäusern. Drumherum ist Tal. Im Winter gibt's sogar Schnee. Glaubt ihr nicht? Überzeugt euch selbst:

Reno im Winter

„Och, das ist doch total logisch“, hat der Lütte getönt. „Es heißt schließlich „Nevada“. Das ist Spanisch und bedeutet auf Deutsch „verschneit“.“
Die Cora hatte sich offenbar wieder erholt von ihrem Verlust und tat sich wieder an ihre mütterliche Mission erinnern.
„Isser nicht süß?“, hat sie gesülzt und dem Jack die Beine getätschelt.
„Was heißt Knackwurst auf Spanisch?“, habe ich mich bei der Gelegenheit erkundigt.
Leider bekam ich keine Antwort. Das kommt davon, wenn man Einheimische zu früh ihrer sprachlichen Heimat entzieht. Es reicht dann nur noch für die ganz allgemeinen Vokabeln; das Fachwissen leidet.

Doch zurück zu den Städten. Obwohl Reno die bei weitem größte Stadt der örtlichen Dreiergruppe ist, ist nicht Reno die Hauptstadt von Nevada, sondern – nee, auch nicht Las Vegas –, sondern Carson City. Jawohl. Die ca. 55.000 Einwohner sind nicht ganz so gut ausgestattet mit Großstadt wie die Nachbarn in Reno, aber immerhin, dafür haben sie einen roten Kringel um ihren Punkt auf der Landkarte. 

Carson City (1984)
 
Wir jedenfalls fuhren nach Virginia City. Der Hoss hatte das so entschieden (oder der Reiseveranstalter). Der Mia war das total egal, uns übrigen trieb neutrale Erwartung. Wir kamen an diesem Gebäude vorbei:

Virginia City

Sofort tat es neben mir aufquieken, und zwar in der Lautstärke eines anspringenden Treckers. Das war unser spanischer Schneemann. Erinnerung an ein längst verjährtes Versprechen, abgegeben an einem unbekannten Flughafen, über den Erhalt eines Cowboyhuts tat Besitz von ihm ergreifen. Hoss stieg auf die Bremse. Der Pit landete im Fußraum, die Mia hinterher. Wir haben den Lütten nicht beruhigen können, trotz gemeinschaftlicher Anstrengung, also hieß es: aussteigen und alle Mann rein in den Laden. Nur Hoss ist draußen geblieben. Er wartete im Wagen. Verständlich, er besaß ja schon einen Hut.

Tatsächlich offerierte der Laden eine imposante Auswahl an regionaler Berufsbekleidung. Von Westernstiefeln über Sheriffsterne bis zur ledernen Reitpeitsche war alles da – in jeder erdenklichen Größe. Meine Begleiter ergossen sich ins Sortiment, sogar die Männer. Das hätte ich nicht gedacht.
„Na, das erfreut doch das Biker-Herz“, hat der Paule gegrunzt und sich den Schnabel geleckt.

Was Motorrad mit Kühetreiben, Planwagen und Winchester-Gewehren zu tun hat, ist mir bis heute nicht ersichtlich. Aber Hauptsache, dem Knaben ging es gut und in seiner eigenen Welt war beides harmonisch vereint. Wenn man dem Paule bei seinem stillen, aber oftmals dümmlichen Gegrinse zuschaute, konnte man dies annehmen.

Um es vorweg zu nehmen: Wir haben lange in diesem Laden zugebracht. Die Ergebnisse hatte ich euch ja bildlich bereits vor Wochen vorgestellt. 




Angesichts der modischen Herausforderung und der selbsternannten Notwendigkeit, hier beratend tätig zu werden, ist sogar die Mia aufgetaut. Sie hat jedem in die Hutprobe gequatscht, ob er es hören wollte oder nicht. Ihr selbst waren Cowboyhüte allerdings zu geschmacklos. Ich für meinen Teil habe mich ebenfalls enthalten. Der Pit war als Einziger sofort fertig. Er hat den Stetson in der Vitrine gesehen, hat ihn aufgesetzt, hat vorm Spiegel einmal den Kopf nach links gedreht, einmal nach rechts, hat gesagt: „Packen Sie mir den bitte ein. Der grüne Herr zahlt“, und ist rausgegangen.

Er hat sich zum Hoss auf die Kutschbank gesetzt. Die beiden haben viel gelacht. Ab und zu hat der Pit mit einer Kopfbewegung zu uns auf die Schaufensterscheibe gezeigt. Dann hat er mit der Pfote vor seinen Mund einen Halbkreis gemalt, so von oben nach unten, und der Hoss hat sich wieder gekrümmt vor Lachen. Hören konnte man das nicht, aber sehen. Keine Ahnung, was die so erheitern tat. War mir auch egal, schließlich bin ich nicht neugierig.

Irgendwann ist mir aufgefallen, dass der Paule fehlte. Sein Hut lag noch in der Tüte auf den Tresen, sein Besitzer war weg. Jesses, nee, nun musste ich den auch noch suchen gehen. Die beiden lustigen Gesellen vor der Tür auf dem Wagen hatten nichts gesehen. Aber Gott sei Dank kann ich mich jederzeit auf meinen trainierten Instinkt verlassen. Wir befanden uns auf der Hauptstraße und dort gab es etliche gastronomische Angebote. Mir kam ein Verdacht. Tatsächlich fand ich den Paule in einer Bar, neben sich auf dem Tisch irgendein Gesöff, bis zur Hälfte mit Alkohol gefüllt (mindestens), aber zur Tarnung in Kinderblau gefärbt und mit einem Strohhalm versehen.

„Schämst du dich nicht?“, habe ich gefragt.
„Das Getränk heißt „Biker's Happyness“, da konnte ich nicht widerstehen“, hat er gerülpst.
Der Paule musste mitkommen. Augenblicklich. Ich habe ihn direkt abgeführt, damit er mir nicht entschlüpfte. Geübte Säufer sind diesbezüglich ja oft von erstaunlicher Geschicklichkeit.

Wir kamen gerade rechtzeitig zurück in den Laden, wo dem Lütten soeben einfiel, dass wir ihm ja auch noch einen Revolvergürtel versprochen hatten. Der Hutkauf war inzwischen abgeschlossen, nun fehlte noch besagter Colthalter. In Gottes Damen denn! Na schön, ließen wir den Verkäufer jetzt also noch verschiedene Lederstricke aus dem Magazin holen. Irgendwann war ein passendes, kurzes gefunden, das in der Tat bündig um Jacks Hüften saß, ohne über den Hintern wegzurutschen.

Aaaaaber … Ich sag's mal so: Ein Hund steht und geht auf vier Beinen. Das ist optisch ein anderer Anblick als bei einem echten Cowboy, der aufrecht steht und sich bei Bedarf elegant an den Oberschenkel greift. Wir waren ratlos. Keiner traute sich was zu sagen. Noch heute bin ich dem Paule dankbar, dass er die richtigen Worte fand.
„Hömma“, meinte er. „Jack, kleiner Held, sei mir nicht böse, aber das Ding sieht an dir aus wie 'ne Fahrradtasche.“

Gut, wir haben dann noch einige Zeit warten müssen, bis der Lütte mit dem Aufschlucken fertig war, aber das Thema war vom Tisch. Wir konnten weitermachen im Tagesprogramm.

Fortsetzung folgt. 

Fotos: Cora und Paule: © G.H.
          Pit und Jack: © Club der glücklichen Vierbeiner  
       Brot, Pferde, Berglandschaft, Arizona: Pixabay
          Ei, Cocktail: Morguefile
          Hüte siehe Credits bei Rippchen-Trip (2. Teil)

          Lake Tahoe: Reno Tahoe Territory/Flickr, Bild steht unter Creative Commons License 
          
          Reno im Winter: Reno Tahoe/Flickr, Bild steht unter Creative Commons Licence 

          Carson City: Scott Schrantz/Flickr, Bild steht unter Creative Commons Licence 

          Virginia City: Kent Kanouse/Flickr, Bild steht unter Creative Commons Licence 

© Max: Papageiengeschichten
 

Samstag, 19. September 2015

Hätten Sie's gewusst?


Das kleine Ponderosa-Quiz

Halloo-oo!

Heute habe ich mal was mit Anspruch.

Nachdem ihr uns Reisende immer so schön in den wilden Westen begleitet, könnt ihr jetzt testen, wie gut ihr die Cartwrights kennt. Genauer gesagt geht es um die Cartwright-Frauen, die dort nie so richtig auftauchen. Besonders viel Spaß macht es, wenn man vorher die Antworten NICHT googelt.

Am Ende braucht ihr nur auf den Button zu drücken, dann erhaltet ihr eine Zusammenfassung und Auswertung eurer Antworten. Die Auflösung steht darunter im verdeckten Textfeld.

Viel Spaß!


  1. Welchen Beruf hatte Ben Cartwright, bevor er Farmer wurde?
  2. Kapitän Arzt Zimmermann
  3. Wie oft war Ben Cartwright verheiratet?
  4. Einmal Zweimal Dreimal
  5. Wie starb Adams Mutter?
  6. Sie hatten einen Unfall Sie starb bei der Geburt Sie wurde von Indianern getötet
  7. Wie lautet Hoss' richtiger Vorname?
  8. Bill Erik Liam
  9. Wo lernte Ben Cartwright Little Joes Mutter kennen?
  10. In Salt Lake City In Denver In New Orleans
  11. Woher kam Hoss' Mutter?
  12. Aus Schweden Aus Irland Aus Italien
  13. Welche Nationalität hatte Little Joe's Mutter?
  14. Engländerin Französin Spanierin
  15. Wie hieß Adams Mutter?
  16. Elisabeth Margret Ann Marie
  17. Was bedeutet der Name Hoss?
  18. Bezeichnung für einen großen freundlichen Mann Bezeichnung für einen mutigen Bären Bezeichnung für einen dicken runden Bienenstock
Und nun - Trommelwirbel! - das Ergebnis:



-->
Antworten anzeigen Wieder zuklappen



[+]


Samstag, 12. September 2015

Der Rippchen-Trip (3. Teil)

Erst mal habe ich mir eine Landkarte besorgt.


„Bei uns kokelt die immer weg“, hat der Pit gesagt.
„Wie bitte?“
„Ach, nichts.“

Das ist also der Lake Tahoe. Dort steht unser Hotel, die Ponderosa.

„Du musst die Karte nach rechts drehen“, hat die Cora gesagt.
„Was?“
„Ach, nichts.“

Wir saßen im Flugzeug. Das wenigstens hatte ja schon mal geklappt. Meinen Begleitern hatte ich gesagt, dass sie ihre Handys und Smartphones zu Hause lassen sollten, weil uns sonst 1. dauernd irgendwelche Erziehungsberechtigten nachtelefonieren würden (das hatte ja schon bei unserer letzten Reise gegolten), und weil uns 2. (das war neu) die Mia mit ihrem ständigen „Klack, klack, klack“ an den Harald auf Bornholm unsäglich genervt hat. Nicht dass sich das jetzt wiederholen oder sogar noch um den Paule erweitern täte mit ähnlichen Liebesgrüßen an seine eigene Schnalle daheim, die Rebecca.

Außerdem hatte ich rechtzeitig darauf hingewiesen, dass man in den USA sehr pingelig ist mit der Einreise. Also um Gottes Willen nicht blöde grinsen oder „How do you do?“ sagen, wenn man gefragt wird, was man in den Staaten will. Am besten, wir kämen alle nackt, dann gäbe es keine Missverständnisse um eventuell unerlaubtes Gepäck. 

Alle hatten sich danach gerichtet, nur der kleine Jack war vor dem Einchecken plötzlich auffällig still geworden. Vorher hatte er die ganze Zeit geschnattert, war ununterbrochen herumgehüpft, hatte von den Kanaren geschwärmt (wo er geboren ist), auch davon, dass er schon mal geflogen wäre (nämlich nach Deutschland) und dass er es nicht nötig hätte, eine Kotztüte bereit zu halten, denn Übelkeit sei ihm fremd. Jetzt stand er nur da und glotze unschuldig. Das kam uns komisch vor. Auch mit seiner Schnauze schien etwas nicht zu stimmen; die war sonderbar breit. Der Oberkiefer war derart fest auf den Unterkiefer gepresst, dass dem Kleinen die Augen rauszuglubschen drohten.

„Hast du da quer ein Samuraischwert drin stecken, oder was ist los?“, hat der Paule gefragt.
Da kriegte der Kleine Telleraugen und hat seinen Kopf so schnell geschüttelt, dass sich die flappenden Ohren anhörten wie brave Stadionflaggen bei Sturm.

Nun gut, wir haben gemeinsam Hand angelegt, um das Problem zu beheben. Die Cora, die Mia, der Paule und ich haben den Jack festgehalten und ihm zur Entriegelung ein bisschen in die Waden gepiekt und der Pit hat ihm dann das Schweizer Messer aus der Schnauze geholt.

„Das hat mir der Opa geschenkt!“, hat der Jack geheult.

Wir haben das Messer am Flughafen in ein Schließfach getan. Mann, Mann, Mann, das hätte auch schiefgehen können. Erschwerend kam hinzu, dass wir dem Jack eine Leine ummachen mussten. Im Flughafengebäude sei das Anleinen für Hunde vorgeschrieben, hieß es. Der Kleine hat daraufhin noch lauter geheult. Wir mussten ihm einen Cowboyhut und einen Revolvergurt versprechen, damit er zwei Oktaven tiefer und vor allem leiser jaulte. Die Leute guckten schon. 

„Lass man“, hat die Cora gesagt. „Der Kleine ist schon in Ordnung. Der lernt das noch.“

Im Flugzeug hatten wir einen Doppelsitz am Fenster für uns allein. Wir mussten zweimal umsteigen, einmal in London und einmal in Los Angeles. In London war ich der Meinung, dass man an der Passkontrolle den Pit herauswinken würde. Ich sah es direkt vor mir: auf den Computer geschaut, gestutzt, noch mal in den Pass gestarrt, noch mal auf den Bildschirm und schließlich professionell sachlich zur Kenntnis gebracht:
„Mister Pit, waren Sie schon mal in Conwy? Kommen Sie bitte mit. Machen Sie kein Aufsehen.“

Schade, ich hätte gern den Pit im Tower besucht, und selbstverständlich würde ich bei der Gerichtsverhandlung zu seinen Gunsten aussagen, das ist doch klar, aber dass man gar nichts tat zum Schutz von Land und Leuten, stattdessen dem Pit den Pass wieder hinschob, als wäre nichts gewesen, das hätte ich nicht gedacht. Bestimmt war denen gerade ein Wackelkontakt durch die Daten gelaufen, anders kann ich mir das nicht erklären.

London

Im Flugzeug gab es Käsesandwich, Rindfleisch mit Soße und Reis und einen Fruchtsalat zum Nachtisch. Durch geschicktes Zusammenlegen der Mahlzeiten und anschließende Neuverteilung war es möglich, jedem die Nahrung zu gewähren, die ihm am wenigsten Probleme bereitete. Bei Flugreisen ist ja besonders auf Bekömmlichkeit und eine normale Verdauung zu achten.

Als Entertainment wurde der Film „Titanic“ geboten. Als der Vorspann lief, war der kleine Jack noch mit seiner Kotztüte beschäftigt, beim Mittelteil ging es ihm besser und von da an hat er uns mit den Zwischenrufen „Der Kahn wird doch wohl nicht absaufen?!“ und „Nee ... oder doch?“ genervt und uns hartnäckig von der Regeneration abgehalten. Die Mia hat sich immer wieder die Schlafbrille abgenommen und vorwurfsvoll zu ihm rübergeschaut. Der Paule hat die Bordillustrierte gelesen und wir andern haben Mau-Mau gespielt.
„Lass man“, hat die Cora gesagt. „Er ist eben noch klein, er muss noch viel lernen.“

Los Angeles ...
 
... schöner bei Nacht

Nach Los Angeles kam als letzte Station Reno. Dort sollten wir aussteigen. Am Flughafen hat uns ein Stuart abgeholt, extra für uns dort abgestellt, damit wir gebührend in Empfang genommen würden. Er hat uns zur Ponderosa gefahren. Wir brauchten nicht lange am Gatter zu warten, dann kamen schon die Hoteliers zur Begrüßung angeritten.
„Da ist Little Joe“, hat die Cora gehaucht mit zittriger Stimme, und die Mia hat girliehaft gackernd geantwortet:
„Jaahaa.“

Zum Glück hatte ich mich vorher schon kundig gemacht, so wusste ich, dass links der im dunklen Outfit der älteste Sohn Adam war, daneben ritt besagter Little Joe (in der grünen Jacke), dann kam Vater Ben Cartwright und zum Schluss der mittlere Sohn Hoss. Alle lächelten uns freundlich an, nur Vater Cartwright ließ den Blick nach links und rechts schweifen, so als wollte er sagen:
„Seht her, das alles hier ist mein.“

Leider hat sich das Begrüßungskomitee sehr schnell wieder aufgelöst, weil die Söhne noch Zäune flicken gehen mussten. Aber Vater Cartwright hat uns höflich ins Haus gebeten und sogar unsere Rucksäcke hineingetragen.

Die Ponderosa ist ein Gebäude im Rancher-Stil. Für ein Hotel hat es wenig Zimmer und auch der Swimmingpool fehlte, aber sonst sehr stimmungsvoll eingerichtet, außen in rustikalem, rötlichen Holz gehalten, innen mit hübschen Dielen, einer netten Treppe, mit wohnlichen Teppichen ausgelegt und einer Kaminverschalung aus grob behauenem Stein.

Um ehrlich zu sein, habe ich später erfahren, dass die Ponderosa gar kein Hotel ist, sondern dass wir unsern Aufenthalt privat bei den Cartwrights gewonnen hatten. Mensch, warum hat mir das denn keiner gesagt? Und ich gebe noch dem chinesischen Boy 20 Cent Trinkgeld, nachdem er uns unser Zimmer im ersten Stock gezeigt hatte.
„Na, hast du's auch endlich geblickt, Mister Einstein?“, tat der Pit sich aufblasen.
Dazu hat er die Augen zum Himmel gedreht, so wie es sonst nur die Mia macht.

Okay, das waren jetzt ganz neue Voraussetzungen. Ich musste mich gedanklich erst mal umorientieren. Halten wir also fest: Wir hockten bei irgendwelchen unbekannten (wenn auch begüterten) Farmern in der Wildnis fest und hatten keine wirklich gute Chance, von dort aus eigener Kraft wieder wegzukommen.

„Nicht irgendwelche Farmer“, hat mich die Cora korrigiert. „Das sind die Cartwrights. Die sind berühmt. Die waren früher im Fernsehen. Und die Ponderosa ist einfach toll!“


Auch der Paule schien sich kein bisschen enttäuscht zu fühlen; er stellte gleich das Foto von seiner Rebecca auf den Nachtisch und tat die Matratze prüfen. Die Mia hat ihr Herzchen-Nachthemd ausgeschüttelt, der kleine Jack stand mit den Pfoten auf der Fensterbank und tat sich einen ersten Überblick verschaffen und der Pit hat – genauso unbeeindruckt wie die andern – dem Paule geholfen, die Matratze zu testen. Ohne Schnarchkissen war der Pit ja besonders stark angewiesen auf eine weiche Alternative. Hätte ich mir ja denken können, dass was auszusetzen war von der pingeligen Knackwurst.

Der chinesische Boy entpuppte sich als Koch. Hop Sing hieß er. Das R konnte er nicht sprechen, stattdessen sagte er:
„Miss Cola.“
Ha ha ha, damit war die Cora gemeint. Ich hätte mich wegschmeißen können, als ich das zum ersten Mal hören tat. Bei uns andern kam er ja nicht zum Zuge, wir haben ja alle kein R im Namen.

Sonst gab es niemanden mehr auf der Ponderosa, keine Frau, keine Heimtiere, nur Weidevieh.

„Ich geh schon mal raus, gucken“, hat der kleine Jack gesagt. Schon war er fort, die Treppe runtergesprungen.
„Pass aber auf!“, hat die Mia ihm nachgeschrien, und die Cora hat hinzugebrüllt:
„Hast du auch deine Pupsbeutel dabei?“

Cora
Das konnte ja heiter werden. Die beiden Weiber, die Mia und die Cora, hatten sich auf die Fahne geschrieben, den Lütten zu bewachen, ihn zu formen und zu erziehen. Das würde man im Auge behalten müssen, nicht dass er womöglich noch anfinge, im Sitzen zu pinkeln und seine Häufchen selbst wegzumachen. Hund bleibt Hund und Mann bleibt Mann. Notfalls würde ich lebensrettend eingreifen, das stand schon mal fest.

Weil am ersten Tag unserer Ankunft nicht mehr viel Zeit blieb für ausschweifende Freizeitgestaltung, war schon bald Zeit zum Abendessen. Hop Sing, der Koch, hatte sich zuvor über unsere Wünsche informiert. Ob wir lieber Lippchen essen würden oder Lumpsteak oder vielleicht gar kein Fleisch äßen, sondern vegetarisch vorzögen. In diesem Fall hätte er was Leckeres aus Döllgemüse parat sowie zum Nachtisch eine Lhabalbel-Cleme mit Klokant und Laspelschokolade. Hm, das hörte sich gut an. Ich habe versichert, dass wir nicht verwöhnt wären; wir äßen das, was auf den Tisch kommt.

Bald darauf waren auch die Söhne zurück. Wir trafen uns im Wohnzimmer vor dem Kamin.
„Hoss, hast du die Zäune unten am Creek repariert?“, hat sich Vater Cartwright erkundigt.
„Ja, Pa“, hat Hoss geantwortet.

Dann hat Hop Sing zum Essen gerufen. Der Tisch war supertoll gedeckt; ein bisschen ländlich vielleicht mit dem weißrot karierten Tischtuch, aber als Städter sollte man natürlich großzügig darüber hinwegsehen. Die Speisen jedenfalls waren sehr appetitlich angerichtet und schmeckten vorzüglich.

Lindfleisch mit Kaltoffeln und lohen Tomaten an Festtagsgeschill

Die Cora war in eine Wolke von Lavendel gehüllt. Das störte beim Roastbeef. Die Mia trug ein kurzes Pailletten-Jäckchen in Pink. Beide taten sehr fürnehm und waren sofort neben den Teller vom Little Joe geflogen, als sich abzeichnen tat, wohin er sich setzen würde. Der arme Mann, jetzt hatte er gleich zwei albere Tischdamen an der Gabel kleben. Soweit ich es mitgekriegt habe, ist er ausgiebig über europäische Boutiquen (Mia) und über die Entwicklung der Duisburger Montanindustrie (Cora) unterrichtet worden. Ich saß unterdessen mit dem Paule und dem Adam beisammen, der Pit saß bei Hoss und der lütte Jack bei Vater Cartwright. Dafür dass wir uns noch nicht kannten, klappte die Unterhaltung recht gut. Der Pit tat von Holstein erzählen, der Paule von Harleys und Kawasakis, der kleine Jack hat nur konzentriert gefuttert und dazu geschwiegen und ich selbst hatte zu viel Benehmen, als dass ich meine Gastgeber derart zuquatschen konnte, so wie es meine Begleiter taten.

Später nach Tisch im Wohnzimmer vor dem Kamin blieb noch genug Gelegenheit, um das eine oder andere nachzuholen. So kam es, dass der Hoss mir erklärt hat, wie es sich verhält mit der Landkarte und mit dem Lake Tahoe, mit Nevada und sowieso und überhaupt.

Mensch, habt ihr das gewusst? Man muss die Karte der Ponderosa (s.o.) ein Stück nach rechts kippen, weil sie nämlich nicht richtig herum liegt, denn dort ist Norden nicht oben, sondern links. Richtig herum sieht die Landschaft so aus:


Man sieht, der Lake Tahoe liegt genau auf der Grenze zu Kalifornien. Genauer gesagt, befindet sich der größte Teil in Kalifornien, nur das östliche Ufer ist schon Nevada. Das erklärt, warum es um die Ponderosa keine Wüste gibt, wo man Nevada doch immer mit Trockenheit und Sand in Verbindung bringt. Ganz im Gegenteil, der Lake Tahoe ist von weitläufigem Gehölz umgeben. Dort möchte ich mich nicht verlaufen, dort ist nämlich kein Mensch. Dort kann man ewig wandern, ohne eine Seele zu treffen. Und schneien tut's dort auch, natürlich nur im Winter! Tja, wer hätte das gedacht? Mir tat der Schnabel offenstehen. 

Lake Tahoe

Und „Ponderosa“ heißt nichts anderes als der Baum, der dort am häufigsten anzutreffen ist. Es ist die Gelb- oder Goldkiefer, botanisch Pinus ponderosa. Das hat mich am meisten umgehauen. Ich hatte nämlich gedacht, die Ranch hätte ihren Namen von Vater Cartwrights Mutter, die Ponderosa hieß oder irgendwie so. 

Pinus ponderosa
 
Es war schon spät, als wir ins Bett kamen. Nur der kleine Jack war schon längst von allein eingeschlafen. Ab und zu hatte er vor sich hingewufft oder aufgestoßen. Wir haben ihn auf dem Läufer neben dem Kamin schlafen lassen. Zum Tragen war er uns zu unhandlich, und unsere Herbergsmänner wollten ihn nicht aufwecken.

Little Joe hatte auch nicht bis zum Schluss durchgehalten. Dem dröhnten wohl die Ohren von dem Weibergequatsche der Mia und der Cora. Er hat sich recht bald entschuldigt und ins Private zurückgezogen. Aus Frust hat die Cora dann mit dem Hoss Brandy zu trinken angefangen. Der Paule hat dann auch noch mitgemacht und der Pit und die Mia, und am Ende haben sich alle (außer Vater Cartwright, Adam und ich) gegenseitig Shanties, Kneipen- und Sauflieder und anderes heimisches Kulturgut vorgegrölt. Mir war das sehr peinlich. Okay, es war nicht übermäßig laut, aber doch sehr stillos. Was sollten unsere Gastgeber von uns denken?

Gegen Mitternacht hatte ich das schwankende Pack endlich oben in unserm Zimmer verstaut. Mehrere Durchgänge waren nötig gewesen, um das zu bewerkstelligen. Jedes Mal habe ich mich bei Vater Cartwright und Adam entschuldigt für die Undisziplin meiner Leute, bevor ich den nächsten abführen konnte. Sie waren sehr höflich, haben so getan, als wäre ihnen das vertraut, als würde bei ihnen jeden Abend gesoffen und gesungen. Das hat mir sehr geholfen, mit dieser unangenehmen Situation fertigzuwerden.

Fortsetzung folgt. 

Fotos: Cora © G.H.
          Jack © Club der glücklichen Vierbeiner
          London, Los Angeles 1, Los Angeles 2, Rindfleisch, Landkarte, Lake Tahoe, Kiefern: Pixabay

          Karte von der Ponderosa: Joe/Flickr, Bild steht unter Creative Commons Licence 
          Die Cartwrights: James Vaughan/Flickr, Bild steht unter Creative Commons Licence 

© Max: Papageiengeschichten

Sonntag, 6. September 2015

Der Rippchen-Trip (2. Teil)

Ich warne euch lieber schon mal. Nicht dass es hinterher heißt: „Großer Gott, das hätten wir ja nie gedacht!“

Der Besuch auf der Ponderosa – von dem ich in der nächsten Zeit berichten werde –  hat bei meinen Mitreisenden seltsame Veränderungen bewirkt. Nicht nur, dass manch einer plötzlich breitbeinig ging, sich Sporen an die Badelatschen schraubte oder von einer Zukunft als Goldschürfer sprach, nein, auch mit der Kopfbedeckung kamen Statements zum Ausdruck, die ich nie für möglich gehalten hätte.

Wenn jetzt ein Halter, ein Angehöriger oder auch nur ein wohlmeinender Freund so entsetzt ist, dass er den Betreffenden nicht wiedererkennt und ihn daher nicht behalten will, so lehne ich jegliche Verantwortung für eine heimatliche Unterbringung und Verköstigung ab. Ich nehme die nicht mit nach Hause. Ihr müsst schon selbst zusehen, wie ihr jetzt mit euren Hut-Heinis klarkommt. 







Nur die Mia, die hat nicht mitgemacht bei dem Kopfdeckel-Theater. Der waren die Dinger zu unstylisch.
„Unstylish?“, hat der Pit gekreischt. „Das ist ein echter Stetson, den ich trage, meine Liebe. Der sollte dich vor Ehrfurcht erzittern lassen.“

Ich habe auf der Ponderosa auch keinen Hut getragen. Echte Kerle kriegen keinen Sonnenbrand. Das ist nur was für Weicheier. Außerdem rutscht einem dauernd die Krempe in die Augen und abends beim Abnehmen jucken die Schuppen wie blöd.

Fortsetzung folgt.

Fotos: Cora und Paule: © G.H.
          Pit und Jack: © Club der glücklichen Vierbeiner
          Hut 1, Hut 2: Pixabay
          Hut 3, Hut 4: Morguefile

© Max: Papageiengeschichten 

Mittwoch, 2. September 2015

Der Rippchen-Trip (1. Teil)

Eigentlich wollte ich nie wieder verreisen – nicht wenn ich die Verantwortung habe und nicht mit so 'ner ...


... Gurkentruppe am Hacken wie in England. Dagegen eingeladen werden, sich führen und verwöhnen lassen wie von Pits Leuten auf Bornholm, ja, das lässt sich aushalten, das nennt man Urlaub, aber doch nicht mit irgendwelchen Spacken durch die Welt gondeln, und das auch noch mit meiner Kreditkarte.

Leider ist es genauso gekommen. Ich hätte nie gedacht, dass ein simples Kreuzchen auf einem Teilnahmeschein solche Folgen haben könnte.

Angefangen hatte alles im Restaurant „How rayn“. Ich war mit meiner Begleitung (wer das war, geht euch nichts an) zum Rippchen-Essen dort. Jeden Freitag all you can eat. Sehr lecker, kann ich nur empfehlen; das Gemüse braucht man nicht mitzuessen. 


Als ich beim vierten Teller war und meine Begleitung vom Klo kam, tat sie mir einen Flyer hinlegen. Das war ein Preisausschreiben. Das Restaurant wollte wissen, wie zufrieden man war. Ich habe mein Kreuz bei „Die Portionen könnten größer sein“ gemacht und beim Rausgehen den Flyer in den Kasten geworfen. Mit dem Einwurf war nicht nur der Zettel weg, sondern gleich die ganze Angelegenheit aus meinem Gehirn gestrichen. Ich habe nie Glück bei so was. Was werden die schon groß verlosen? Pink lackierte Schaschlikspieße oder Schweineärsche als Förmchen für die heimischen Eiswürfel oder was?

Ein paar Wochen später kriegte ich Post. Das Restaurant tat mir gratulieren. Ich hätte den ersten Preis gewonnen – eine Reise, eine Woche für zwei Personen mit Halbpension und Touristikprogramm.


„Super!“, hat der Paule am Telefon gesagt. „Da komm ich doch glatt mit, ich als alter Biker, das ist ja wie für mich gemacht.“
Die Mia hat geschrien:
„Wenn der seine Henne mitschleppt, aber der Harald nicht mitdarf, dann bleib ich auch hier und dann darfst du auch nicht weg, so!“

Boah, das ging ja schon wieder gut los.

Wusstet ihr das? Der Paule ist seit kurzem neu liiert. Seine Schnalle heißt Rebecca. Ich habe sie noch nicht persönlich kennen gelernt, aber die Cora hat gesagt, sie wäre Aerobic-Trainerin auf einem Eierhof im Saarland. Früher hätte sie selbst noch gelegt, jahrelang in der Nachtschicht mit allem Drum und Dran, wäre dann aber nach schmerzvollem Ringen vom Milieu fortgekommen und arbeitet jetzt in einem soliden Beruf. Davor müsse man Respekt haben, denn nicht jede schaffe den Absprung in die bürgerliche Welt.

Rebecca


Die Mia hatte andere Sorgen. Ihr Frischkäse, der Harald, war unabkömmlich für die Reise. Er musste nämlich auf Lehrgang in die Eifel, Gewässer-Management mit Schwerpunkt Sponsoring. Man kann auch sagen, er sollte dort lernen, wie man den Ommas am Ententeich beibringt, statt der altbackenen Brötchen frische Croissants ins Wasser zu werfen. Um ehrlich zu sein, war ich schon selbst auf den Gedanken gekommen, die gesamte Reise zu canceln und mir den Geldwert auszahlen zu lassen. Die Mia hätte also gar nicht solchen Wind zu machen brauchen von wegen: „Dann verderb ich dir eben komplett alles, ätschi-bätschi.“ Doch beim Veranstalter hatte man gesagt, das ginge nicht, ich müsste die Reise antreten, sonst würde sie verfallen. Allerdings dürfte ich mehrere Begleiter mitnehmen, weil wir ja kleiner wären als Menschen: insgesamt fünf, nur nicht nicht so große Tiere, Elefant würde nicht gehen, Giraffe auch nicht.

Wo denn genau die Grenze sei, wollte ich wissen, um Ärger zu vermeiden. Da müsste sie erst in der Zentrale nachfragen, hat die Dame gesagt, und als sie zurückrief, hieß es:
„Bei Border Collie.“
„Inklusive oder exklusive?“
„Exklusive. Border Collie geht nicht mehr.“


Kurz darauf tat die Amy anrufen. Sie war am Plärren. Gemein wäre das, total fies, sie täte gegen diese Diskriminierung protestieren. Ich wäre ein selten arschiger Kotzbrocken. Endlich, hätte sie  gedacht, würde ich sie auch mal einladen, an einer Reise teilzunehmen, aber nicht mal das würde ich hinkriegen und jetzt dürfe sie sowieso nicht mitfahren. Am besten, sie täte überhaupt nicht mehr mit mir reden. Sprach's und knallte den Hörer auf.

Woher wusste sie überhaupt davon? Wahrscheinlich hatte die Mia sie angerufen und ihr alles brühwarm erzählt, die alte Petze. Meine Vorfreude stieg ins Unermessliche.

Die Cora war auch schon vorgewarnt. Die tat schon ihren England-Rucksack ausbürsten. Dabei hatte ich sie noch gar nicht gefragt, ob sie überhaupt mitfahren wolle.
„Wieso? Die kommt doch immer mit“, hat der Paule gemeint.
Das ist zwar korrekt, aber ein Reiseleiter hat auch Gefühle; er freut sich über die Einhaltung  gängiger Höflichkeitsvereinbarungen. Bei uns in Deutschland ist es nun mal üblich, dass derjenige, der bezahlt, die Plätze verteilt, sie aber nicht schon eigenmächtig besetzt vorfindet.
„Sei nicht so pingelig“, hat der Paule gesagt. „Die Cora freut sich auf den Pit, du bist gar nicht im Sender. Seit sie wieder solo ist, ist sie manchmal etwas zerstreut. Außerdem bezahlst du doch gar nichts. Die Reise ist umsonst und die Kreditkarte gibt dir deine Mama.“

Dass die Cora ihren Lover los ist, das hatte ich auch schon mitgekriegt (endloses Geschnatter am Telefon mit der Mia). Ehrlich, mir tat das auch sehr leid. Gerade für so 'ne alte Henne wie die Cora ist es ja nicht mehr so einfach, sich bedingungslos zu verlieben. Da hat man festgefügte Ansprüche – und die Männer natürlich auch. Wie soll das zusammenpassen? Allerdings das mit dem Pit, das sollte sie sich man gleich abschminken, das täte nicht hinhauen, der täte nämlich gar nicht mitfahren.

Drei Minuten später klingelte das Telefon. Der Pit war dran:
„Red nicht so 'nen Scheiß, Max. Selbstverständlich fahre ich mit.“

Oh Mann, ich war müde, so richtig abgrundtief müde. Die hatten unsere Wohnung verwanzt, anders konnte ich mir das nicht erklären. Vermutlich kassierten die Matschfalter das Geld, damit man in Schleswig-Holstein und in Duisburg immer sofort über jeden meiner Schritte unterrichtet war. Und solche Leute sollte ich kostenlos zu 'ner Ferienreise einladen? Ich musste bekloppt sein.

„Na gut, Pit“, habe ich geantwortet. „Aber wehe, du schleppst wieder dein Schnarchkissen mit. Dann fliegst du raus, du Komiker.“

Nach zehn Minuten rief der Pit ein zweites Mal an:
„Du, Max, ich kann nichts dafür. Der Jack kommt auch mit.“

Moment mal, ja? Immer noch war ich der derjenige, der die Entscheidungen treffen tat. Was hieß hier, der Jack käme auch mit?

„Ich sagte doch, ich kann nichts dafür. Die Mama macht mit der Amy eine Wellness-Woche. Das hat sich kurzfristig entschieden, weil die Amy nicht mit dem Weinen aufhören will. Und weil ich dann ja auch nicht da bin und der Kleine nicht allein zu Hause bleiben darf, muss ich ihn halt mitnehmen.“
„Dann soll der Opa kommen zum Babysitten“, habe ich gesagt. „Oder die beiden Weiber fahren in einer andern Woche weg, nicht gerade an unserm Termin.“
„Das geht nicht“, tat der Pit behaupten. „Der Opa wird in dieser Woche krank sein und das Wellness-Angebot gilt nur an diesem Datum.“

Ach so. Hm. Das war jetzt echt blöd. Ich habe nichts gegen den kleinen Spanier. Wir sind auf Bornholm gut miteinander ausgekommen, auch halte ich es für pädagogisch wertvoll, wenn er jemanden hat, der das unsägliche Gelaber vom Ringelplüsch relativiert, damit er nicht einseitig verdorben wird, aber deswegen gleich so weit wegfahren? Würde ihn das nicht überfordern?

„Nö“, tat der Pit insistieren. „Der ist zäh, der lütte Bursche. Er kann schon bis fünfzig zählen.“

Okay, in Gottes Namen denn, war die Reisegruppe also komplett. Ich fühlte mich zu müde, um noch zu diskutieren.

Am Abend kam die Cora nachgeklappt. Sie hätte da mal 'ne Frage. Wohin würde die Reise überhaupt gehen. Sie müsse das wissen wegen der Reisegarderobe. 



Ach, hatte ich das noch nicht gesagt? Wir fliegen hierhin, nach Nevada:




Na, welches von den Kästchen ist es wohl?
Nein, falsch, das hier ist Nevada:



Wir sind eingeladen auf der Ponderosa. Das ist ein Hotel von Leuten, die dort wohnen, und wir werden …

„ZU LITTLE JOE?“, hat die Cora gebrüllt.
Ich dachte, mir knallt 'ne Gewehrkugel aufs Trommelfell. Gab's da gratis Lidschattenpröbchen abzustauben oder warum kriegte die Cora derartig Ekstase?

Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass ich die Leute nicht kennen täte, aber ich hätte mich natürlich im Netz ein bisschen schlau gemacht. Das Hotel heißt, wie gesagt, Ponderosa. Es liegt am Lake Tahoe. Die Hoteliers gehören zu den Alteingesessenen. Zeitweise haben sie sogar eine eigene Fernsehshow gehabt. Ihr wisst schon, so eine Reality Show, wo man die Kameras zugucken lässt, was man den ganzen Tag so macht. 

Der Lake Tahoe

„Ja, ja, ja … ich weiß, Max. Laber nicht so viel herum. Däm-deräm, deräm, deräm … Booo-nan-zaaaaa. Hach, ich bin ja so aufgeregt! Das muss ich gleich der Mama erzählen. Die wird Augen machen. Was zieh ich bloß an, wenn ich  neben Little Joe beim Captains Dinner sitze?“

Und schon war die Cora wieder weg.

Ich habe dann noch die andern gefragt, ob sie sich der Cora anschließen würden oder ob sie auch nicht wüssten, um was es geht. Die Antworten ließen zwei deutliche Tendenzen erkennen. Die Alten (und die Uralten) wie die Cora, der Paule, Tante Gisela, Tante Susanne, Opa und die Putze hatten tatsächlich schon mal von diesem Bonanza gehört, wir Jungen, Frischen dagegen nicht. Der kleine Jack meinte nur „Häh?“, der Pit kam gar nicht erst ans Telefon und die Mia tat die Augen verdrehen und die Behauptung rauszicken:
„Bestimmt ist es da so furztrocken, dass wir nur Backpflaumen treffen werden. Nevada ist doch Wüste, nicht?“

Okay, das reichte. Ich tat ein Machtwort auf den Tisch hauen:
„Dass mir keiner mehr aufmuckt! Am Tag der Abreise will ich alles bereitstehen sehen! Bis dahin will ich kein Meckern hören – und danach auch nicht!“

Mir schwante Übles, aber es gab kein Zurück mehr. Ein Rückzieher hätte meinem Ansehen geschadet.

Fortsetzung folgt.

Fotos:
Cora und Paule: © G.H.
Amy, Pit und Jack: © Club der glücklichen Vierbeiner
Stofftiere, Henne: Morguefile
Rippchen, Landkarte, Lake Tahoe: Pixabay 

© Max: Papageiengeschichten