Donnerstag, 29. Oktober 2015

Unsere Zwillinge Jubi und Läum

Liebe Freunde, liebe Leser,

es ist ja sonst nicht meine Art, von mir selbst zu sprechen, doch diesmal muss ich eine Ausnahme machen. Wir haben nämlich was zu feiern.

Mein Blog wird 5 Jahre alt. 

Wer hätte das gedacht? Seit Ende Oktober 2010 bin ich auf Sendung, zuerst noch mit blau-cremefarbenem Design (uh!) und wenig Fotos (bäh!), aber man lernt dazu. Viele Stunden habe ich mich HTML und CSS zugebracht, habe am Design gefummelt, viel gelesen und noch mehr probiert, und als der optische Rahmen stand, konnte ich mich den Beiträgen widmen.


Ich möchte es nicht mehr missen, mit euch auf Reisen zu gehen, mit euch Rätsel zu spielen, mich an euren Kommentaren zu freuen und überhaupt all den Blödsinn zu verzapfen, der so viel Spaß bringt - und das schon seit 5 Jahren.

Ohne euch Leser und Kommentatoren wäre das natürlich nicht möglich, denn niemand schreibt und kaspert gern für den Papierkorb. Deshalb geht mein Dank an diesem Tag an euch. Bitte bleibt mir gewogen, besucht mich wieder und lasst, wenn ihr könnt, immer schön einen Kommentar da.

Aber erst mal wird gefeiert. Bitte greift zu. Ich habe ein Büfett für euch aufgebaut.


In den Gläsern ist Sekt mit Kirschlikör, also kein Besauf-Alkohol. Ihr braucht keine Angst zu haben, dass es euch aus den Latschen hebt. Es ist alles ganz mild und bekömmlich. Darauf legt schon allein die Putze wert, weil sie keine Schnapsleichen auf dem Teppich liegen haben will.

Die Zitronenscheiben habe ich eigenhändig im Eierschneider geschnitten; ich bitte um gebührende Anerkennung. Das Rote in den Schälchen sind Pommes mit Ketschup. Die Servietten liegen im Fach unterm Tisch, die Toilette ist links den Gang runter, bis 22.00 Uhr darf die Stereoanlage laufen. Alles klar? Na, dann Prost. Lasst es euch schmecken.

Während ihr mampft, erlaubt mir bitte, dass ich die Zeit nutze und euch noch mal kurz mein Blog-Team vorstelle, sofern es nicht ohnehin schon bekannt ist. Ohne meine Mitarbeiter, die mir (größtenteils) bereits seit fünf Jahren zur Seite stehen, wäre mein journalistischer Output auf  dieser Plattform natürlich nur halb so produktiv. Als da wären:



Mia. Gelbnackenamazone. Sekretariat.

Aufgaben: den PC frei machen, die Nagellackfläschchen wegräumen, Rouge-Puder aus der Tastatur staubsaugen, blöde Kommentare verkneifen, Lachanfälle auf den Balkon verlegen, Rummäkelei unterlassen, nicht stundenlang neben dem Chefsessel ins Handy quatschen, nicht das Wort „Eierkopf“ anwenden.










Harald. Schwan. Fast-Schwager. Bürobote.

Aufgaben: die Klappe halten.










Putze. Mensch. Mäzen. Reinigungspersonal.

Aufgaben: den PC frei machen, für gutes Licht, Wärme und Frischluft sorgen, Catering organisieren, Telefon- und Internetrechnungen bezahlen, Büro sauber halten, Papier in den Drucker legen, Abfallkorb leeren, keine Fragen stellen, nicht auf den Monitor glotzen, keine Predigt halten, nicht den Stecker ziehen -  auch dann nicht, wenn ich ins Bett muss.







Roosevelt und Otis. Matschfalter. Praktikanten.

Aufgaben: sich verziehen.









Danke, liebes Team. Jeder kann stolz sein, dass er euch hat. Ich bin nicht jeder.

*** Cheers! Auf die Zukunft. Danke, danke an alle. ***


Fotos: Büfett: Pixabay
         Schwan: Morguefile

© Max: Papageiengeschichten 

Sonntag, 25. Oktober 2015

Was hier so los ist

Nein, hier kommt noch kein Bericht  aus ...

Da müsst ihr noch einen Augenblick warten. Ein Reporter muss schließlich auch mal Kastanienmännchen basteln. Auch unser Berufsstand hat ein Recht auf Freizeit.

Ich will euch was anderes zeigen.

Wisst ihr, wie eine Biene von vorn aussieht? So:

Grandioses Foto, nicht? Ist aber nicht von mir. Das hat jemand gemacht, der wirklich was vom Fotografieren versteht.

Wann sieht man solche Leute schon mal von Angesicht zu Angesicht? Ich wusste gar nicht, dass Bienen Kopfhörer tragen, und der Ausdruck könnte auch ein bisschen freundlicher sein. Sieht irgenwie verkniffen aus, ne? Naja, vielleicht war gerade Stau vor der Butterblume. Man selbst ist ja auch nicht jeden Tag gleich gut drauf.

Sonst wäre noch das erwähnenswert:

Die Mia und ihr Frischkäse hatten rundes Jubiläum: 10 Tage ohne Knatsch oder irgendwie so was ... ha ha ha. Jedenfalls hat die Mia sich fotografieren lassen. Daraus hat sie eine Karte gebastelt, ein so genanntes Billett. Das ist eine Art Gutschein, nur nicht für eine Stichsäge, sondern für was Romantisches zu zweit. 


Na, wenn der Harald das viele Rosa und Pink sieht, will er vielleicht doch lieber die Stichsäge haben. Ich bin's dann aber nicht, der die halbe Nacht Taschentücher reicht und nicht schlafen darf, weil die Mia wieder nicht fertig wird mit dem Geplärre.

Jemand anders ist auch verliebt. Es ist der Paule. Seine neue Brieffreundin heißt Rosi:


Sie ist Zahnarzthelferin in Osnabrück.

Sogar von den beiden Matschfaltern gibt es ausnahmsweise Positives zu berichten. Jetzt gegen Ende Oktober sind sie sehr gefragt, sie verdienen ein Schweingeld bei Halloween. 


Ich finde das gut, denn erstens bringen sie endlich mal was in die Haushaltskasse, und zweitens brauche ich neue Reifen für meinen Matchbox-Ferrari. Ich kann gar nicht glauben, dass Halloween nur ein Saisonjob sein soll. Das ist doch wieder nur eine Ausrede vom faulen Pack, damit sie nicht im Sommer arbeiten müssen. 

Apropos Job. Auch die Putze ist glücklich:


Muss man dazu noch viel sagen? Gerade für Frauen in den Mittellagen ist es wichtig, dass sie sich neuen Herausforderungen stellen. Sie wollte schon immer mal was machen, wozu man Uniform trägt.

Bis bald in Las Vegas. Bleibt mir treu.

Fotos: Las Vegas, Biene, Alpaka: Pixabay

© Max: Papageiengeschichten

Sonntag, 11. Oktober 2015

Der Rippchen-Trip (6. Teil)

Unser Aufenthalt auf der Ponderosa war beendet. Natürlich kriegten wir noch ein gutes Frühstück (diesmal mit ordentlich Rührei für den Ringelplüsch, gnihihi). Adam, Hoss und Little Joe waren schon unterwegs, Zäune reparieren unten am Creek, aber von denen hatten wir uns ohnehin schon am Abend verabschiedet. Der Pit hatte mit Hoss Gimme five gemacht und der Kleine war Little Joe um den Hals gefallen inklusive gründlicher Verirrung seiner Schnauze auf Mund und Nase seines Gegenübers. Der Anblick muss hart gewesen sein für die Mia und die Cora, zum einen wegen Eifersucht und zum anderen wegen kosmetischer Ruinierung ihres Anhimmelungssubjektes. Pampige Mienen waren das Ergebnis gewesen, die sich jedoch im Laufe der Nacht in Resignation gewandelt hatten. Die Mädels sagten fortan gar nichts mehr. Niemand fand das schlimm.

Wir reisten nun ab. Mir oblag es, noch schnell den üblichen Gastdank abzuliefern. Ich habe was aufgesagt von „wunderbar“, „unvergesslich“ und „herzlichem Dank“. Vater Cartwright nickte gütig dazu und Hop Sing tat uns zuwinken. Am Tor wartete schon die Limousine vom Reiseveranstalter. Ein Hostessen-Mann hielt uns die Tür auf.

Wir: 

WER WAR DAS????

Man fuhr uns nach Reno. Dort befindet sich bekanntlich der Flughafen. Wohin sollte es eigentlich gehen? Vor lauter Ponderosa hatten wir vergessen, uns danach zu erkundigen. Als die Mia den Namen hörte, erfuhr ihre miese Laune augenblicklich einen Tritt in den Hintern. Las Vergas … da erwachte gelangweilte Mimik plötzlich zu rotbäckiger Vorfreude und trübe Hennenaugen bekamen einen Kranz aus Strass und Pailletten. Nur die Cora war noch immer stinkig. Die hatte wohl noch zu tun mit ihrer Trauerarbeit.

Auf dem Rollfeld stand schon unsere Maschine bereit, keine große für den öffentlichen Transport, sondern eine ganz kleine mit beschränkter Sitzzahl unter fünf, also eine Art Modellflugzeug mit Pilotensteuerung.
„Gibt's da auch Film?“, tat der Lütte jubeln.


Ich konnte gerade noch rechtzeitig eingreifen und dem Paule seinen albernen Cowboyhut von der Birne schlagen, bevor wir einstiegen. Der Pit hatte einen Karton dabei, so sperrig wie für 'ne Mikrowelle.
„Was schleppst du denn da wieder mit?“, habe ich mich erkundigt.
Eine Antwort kriegte ich nicht. Der Karton wurde unter den Sitz geschoben.

In Flugzeugen ist es generell ein bisschen schwierig für uns wegen dem Anschnallen. Die Gurte sind ja nicht für uns gemacht. Doch wenn man die voluminösen Mitreisenden jeweils an die Seiten setzt, also in unserm Fall den Jack und den Pit, und wenn wir andern uns auf die Mitte verteilen, dann kann man einen passablen Halt herstellen. Jedenfalls für die paar Minuten reicht's.
„Nu pass doch auf, wo du hinlatschst!“
Leider fehlt manchen Leuten das Bewusstsein für die eigene Trampeligkeit.

Misslich an unserm Privatflug war auch, dass das Catering fehlte. Keine Stewardess tat uns Tomatensaft anbieten und der Pilot hatte auch keine Zeit dazu. Dafür wenigstens waren die Kotztüten gut erreichbar, und selbst unter den beengtesten Verhältnissen ist es noch möglich, dass sich ein Patient auf den Fußboden legt.
„Kann man hier nicht mal 'n Fenster aufmachen?“, hat die Mia vorgeschlagen.

Zu hungern brauchten wir trotzdem nicht. Wir waren kaum in der Luft, da tat der Pit sein Paket aufschnüren. Zum Vorschein kamen Schinken-Sandwiches vom Feinsten, Cola-Dosen, selbst gemachte Plätzchen und ein Obst-Sortiment. Da hatte die Knackwurst doch tatsächlich den Hop Sing um Proviant angehauen, die alte Schaufelnatter. Als hätten wir nicht genug zu essen gekriegt, als müsste man noch um Notration bitten. Hier bekam Fremdschämen eine neue Dimension. Freilich im Nachhinein betrachtet, unter dem Umstand, dass Aus-dem-Fenster-Gucken in viersitzigen Maschinen den Appetit anregt und zu unglaublichem Durst führt, war eine gewisse Milde angebracht. 


Die Cora tat Servietten verteilen, der Pit die Sandwiches. Das Schweizer Messer vom Opa wäre jetzt nützlich gewesen.
„Möchten Sie auch ein Cornichon-Gürkchen, Mister Pilot?“, hat die Mia höflich gefragt.
Den Rest haben wir in die letzten beiden noch verbliebenen Kotztüten verpackt und beiseite gelegt – damit der Jack was hatte, wenn es ihm besser ging.

Sobald man satt ist, macht es noch viel mehr Spaß, sich die Landschaft von oben anzuschauen. Genau genommen ist Nevada jenseits des Lake Tahoes und weniger anderer fruchtbarer Inseln ziemlich ungrün, eigentlich sogar recht eintönig. Offiziell läuft das unter Wüste. Dazu muss kein Kaktus braten und kein Sandsturm wehen, es reichen auch Felsen und Geröll: 


Oder so:


Variante mit Blümchen:


Stau ist hier unbekannt, glaube ich:


Auch bei schönstem Ausflugswetter:


Ohnehin ist ein großer Teil von Nevada Sperrgebiet. Man kann nicht gerade behaupten, dass der Bundesstaat dicht besiedelt wäre. In den leeren Teilen befinden sich militärische Testanlagen, unter anderem für Atomversuche und die berühmte Area 51. Dort in der Gegend gibt es den einzig nennenswerten Touristenmagneten für Ufos und Außerirdische, habe ich gehört. Da soll zeitweise richtig was los sein. Gern hätte ich mir das mal angeschaut, aber erstens wollte unser Pilot deswegen nicht extra landen, zweitens wären wir sowieso nicht reingekommen und drittens hat die Cora gemeckert, dass sie keine Lust hätte, sich im Geröll die Haxen anzustoßen.

Hier geht's zur Area 51

„Wie sehen eigentlich Außerirdische aus?“, hat der Paule gefragt.
„Na, klein, grün, mit dunklen Augen und einem deutlichen Eierkopf“, hat der Pit antwortetet.
Dieser Klugscheißer. Woher weiß der das? Redet daher, als würde er jeden Tag einem Alien höchst persönlich ins Gesicht schauen.

Bei der Area 51

Den Rest des Fluges habe ich gedöst. Der Paule hat Tagebuch geschrieben für seine Rebecca daheim („... ohne dein bezauberndes Lächeln ist alles kalt und öd.“) , die Mia hatte schon mal angefangen, sich für Las Vegas aufzubrezeln, der Cora war Ketchup in den Ärmel gelaufen, der entfernt werden musste, der Pit hat Kekse gefuttert, der Pilot hat gesteuert und der Jack hat gar nichts gesagt und nichts getan. Der war unsichtbar. Ich glaube, er lag noch immer unterm Sitz.

Gerade als die Landschaft ein wenig zu langweilen begann – bäh, Gestrüpp, Gestrüpp, Gestrüpp –,  hieß es plötzlich, wir würden gleich landen.
„Wo?“, hat die Mia geschrien.
Dabei hat sie fast den Pit umgerempelt, um aus dem Fenster sehen zu können.
Gleich darauf: Enttäuschung.
„DAS soll Las Vegas sein?“

Las Vegas

Es war noch hell, man hatte einen guten Blick auf die Zivilisation unter uns. Hihihi, das blöde Gesicht der Mia war sehenswert.
„Das sieht ja aus wie 'ne Kleingartensiedlung!“, hat sie geplärrt.
Tja … so kann man das nennen. Gut beobachtet.

Ich tat mich jetzt richtig freuen. Dem glitzernden Luxusleben in der pulsierenden Metropole stand nichts mehr im Wege. Ich war offen für alles. Mal sehen, was die Stadt uns noch bieten würde.

Fortsetzung folgt. 

Fotos: Cora und Paule: © G.H.
          Pit und Jack: Club der glücklichen Vierbeiner
          Flugzeug, Nevada 1, Nevada 2, Straße 1, Area 51, Schild, Nevada 3: Pixabay
          Sandwich, Straße 2, Las Vegas: Morguefile 

© Max: Papageiengeschten
 

Sonntag, 4. Oktober 2015

Der Rippchen-Trip (5. Teil)

Nach der Cowboyhut-Orgie im Western-Store hat uns Hoss zum Mittagessen eingeladen. Puh, was war ich froh. Ich hatte nämlich befürchtet, dass er uns mit Lunchpaketen abspeisen würde. Ich meine, nichts gegen Hop Sing und seine Kochkünste, aber als Gewinner eines Hauptpreises hat man doch gewisse Vorstellungen von einer angemessenen Betreuung, nicht wahr? An der städtischen Pferdetränke zu hocken und zähe Schinken-Sandwiches runterzuwürgen gehörte für mich nicht dazu.

Wir wurden in ein Gartenlokal mit Barbecue-Küche geführt. Das sind spezielle Grillvorrichtungen, wo marinierte Fleischstücke gegart und mit diversen Dipsoßen und Salaten serviert werden. Die Beilagen fanden nicht bei jedem Interesse. Der Pit zum Beispiel war nach seinem unfreiwillig vegetarischen Frühstück – ich sag nur: Bratkartoffeln, hahaha – jetzt sehr einseitig orientiert. Er hat wortlos ganze Fleischfladen in sich reingestopft. Die mitgelieferten Petersilienstängel landeten blindlings hinter ihm in der Gummibaum-Deko. 

Erwachsenen-Barbecue

Der Lütte kriegte einen Kinderteller. Natürlich gab's Gemaule.
„Nachher sind die Augen wieder größer als der Appetit“, hat die Mia festgelegt.
Und die Cora hat dem Kleinen mit der angespuckten Serviette die Ohren ausgeputzt, allerdings bevor das Essen kam und unterm Tisch, damit man's nicht so merkte. 

Kinderteller

Auch bei der Konversation dominierten weibliche Belange. Ob Little Joe eine Freundin hat, war  eines jener zart angeschnittenen Themen, das beim Angesprochenen plötzliche Hustenanfälle auslöste. Die Mia tat der Cora giftige Blicke zuwerfen. Die wiederum kurbelte die Schmalzdrüsen nur noch weiter an, jetzt mit dem Ergebnis, dass Hoss von seiner Kindheit zu berichten wusste. Seine Mutter hieß Inga. Sie war Schwedin. Als Hoss noch ein Baby war, ist sie auf dem Treck nach Westen von Indianern getötet worden.

Oh, mein Gott, das ist ja schrecklich! Das Stollenputchen kriegte sofort mütterliche Gefühle. Fettige Amazonenkrallen taten eine amerikanische Farmerhand tätscheln:
„Nehmen Sie's nicht so schwer, Mister Hoss. Wir alle, die wir hier sitzen, sind adoptiert. Sie haben ja noch Ihren Vater (und einen reizenden jüngeren Bruder, der Sonnenschein Ihres Lebens.“ *plinker-plinker, schmacht-schmacht*) Wir dagegen haben niemanden mehr. Wir alle leben – gewiss! – bei gütigen, fremden Menschen, die uns Heim und Nahrung geben, die aber eben nicht unsere Eltern sind. Doch schauen Sie uns an, man kann mit diesem Schicksal fertig werden und dennoch einen guten Charakter bilden und dennoch ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft sein. Na ja, fast alle ...“

Dabei tat sie mich angucken, die hinterhältige Stinkmorchel. Dass darauf kein Einwand kam, sondern alle nur stumm weitermampften, als gäbe es nichts zu revidieren, hat mich persönlich sehr getroffen. Na wartet, ich kann auch anders.

Unserm Gastgeber zumindest hatte das Hennengesäusel offensichtlich nicht geschadet, Gott sei dank, denn jetzt hieß es, alle Mann einsteigen, weiter geht’s im Programm. Zuvor musste ich aber noch was klarstellen:
„Wenn hier einer seinen albernen Kuhdeckel aufsetzt, den er gerade aus dem Geschäft hat, dann kann er zu Fuß gehen. Ich blamier mich nicht mit euch.“

Natürliche Autorität
Ich muss das wohl sehr überzeugend gesagt haben, denn nacheinander wurden tatsächlich die Cowboyhüte abgenommen und wanderten in die Einkaufstüten zurück. Das Gemaule habe ich überhört. So, ha ha. Wollen wir doch mal sehen, wer hier das letzte Wort hat.

Wir fuhren aus der Stadt heraus. Zur Ponderosa ging's in die andere Richtung. Hoss wollte uns zeigen, was aus seinen Nachbarn geworden ist, aus all den Farmern, Silber- und Goldsuchern, die nicht so viel Glück hatten wie die Cartwrights, sondern die alles hatten aufgeben und wegziehen müssen.

Nun, ich empfand es – generell gesprochen – als sehr angenehm, dass es am Lake Tahoe keine alten Schlösser und Burgen gibt. Folglich kann man an denen nicht herumpopeln und sie können deswegen auch nicht zusammenfallen. Das entspannt die Nerven ungemein. Es ist eben nicht leicht, mit dem Pit zu verreisen. Daher war ich sehr dankbar, dass wir nun Orte besichtigen fuhren, die bereits kaputt waren. Hier konnte man nichts mehr verderben.

Wir klapperten die Zeugnisse der Landflucht ab: verlassene Häuser, verlassene Höfe, ja, ganze Siedlungen. Um ehrlich zu sein, mir verschlug es den Atem.


Da! Alles stehen und liegen gelassen, einfach abgehauen, als wäre keine Zeit geblieben, den ganzen Plunder wegzuräumen. Wer macht denn so was?

Der bewölkte Himmel hat sich übrigens gleich wieder verzogen. Aber auch im Sonnenlicht sah das Drama nicht besser aus. Wie schön könnte man darin wohnen? Die Türen richten, ein paar Blümchen vor die Fenster. Okay, der nächste Supermarkt ist ein bisschen weit entfernt, aber bei uns wohnen die Leute doch auch auf dem Land und schaffen es, jeden Tag zu pendeln. Warum nicht hier? 


Endlos weiter ging das so. Überall tauchten solche Ruinen auf. Schlimm, sage ich euch, schlimm. An manchen sind wir ausgestiegen. Wir haben uns ein bisschen umgeschaut. Abgeschlossen war ja nirgends. Innen drin wucherte der gleiche Unrat.

Links die Mia, rechts die Cora. Im heißen Staub kommt teures Duschgel besonders gut zur Geltung

Seht ihr den Pit? Er war mindestens zwanzig Zentimeter größer geworden und gockelte auf dem Dach herum wie 'n Fabrikbesitzer vor der Weihnachtsansprache zum Werkvolk. Der Lütte hat geheult, weil er nicht mit aufs Dach konnte. Die Vorderpfoten wollten einfach keinen Halt finden beim Hochspingen.
„Von unten gucken ist auch schön“, hat die Cora gesagt.


Das hier ist ein altes Sheriff-Büro:

Pit, oben ich, unten Paule
Der Paule hat gemeint, wir könnte doch die Gitarre, die Wanduhr, die Fahne und die mexikanische Pferdedecke auf dem Ständer dort hinten mitnehmen und in der Stadt verscherbeln. Wenn das hier einfach so rumliegt? Ehe es schlecht wird? Dafür täten bestimmt noch ein paar Dollars für uns rausspringen. Aber wir haben's gelassen, weil der Hoss draußen auf dem Wagen wartete und uns daran erinnern tat, dass wir bald mal zurück zur Ponderosa fahren müssten.

Na gut, wir haben uns wieder auf die Kutschbank gereiht. Zu viel soziales Elend schlägt ohnehin auf den Appetit. Ich kenne das noch von Burg Conwy.

Paule hatte Durst und die Mia war in ein Kaugummi getreten. Die ganze Fahrt war sie am Pulen und am Meckern.
„Halt deinen Fuß ins Gefrierfach, dann geht das ab“, hat der Pit empfohlen.
Blödmann. Als wenn die auf der Ponderosa der Mia erlauben täten, ihre Quanten zwischen Roastbeef und Apfelkuchen zu stecken.

Als wir ankamen, war es noch hell. Die Landschaft war in ein warmes, friedliches Licht getaucht. Adam und Little Joe waren noch unten am Creek, Zäune reparieren, doch Vater Cartwright stand bereits an der Veranda und wartete auf uns. Er hätte eine kleine Überraschung, meinte er, aber dafür dürfe es nicht zu dunkel sein. Wir sollten mal schnell mitkommen hinters Haus und uns aufs Pferd setzen, er würde von jedem ein Abschiedsfoto machen als Erinnerung an den Aufenthalt hier auf der Ponderosa.

Nun, das kam etwas überraschend. Andererseits war's ja nett gemeint. Unser Aufenthalt war tatsächlich fast zu Ende. Der Reiseveranstalter hatte noch anderes vor mit uns; morgen früh sollten wir abgeholt werden. Ich habe lange überlegt, ob ich euch die Bilder zeigen soll. Ich meine alle Bilder, alle von uns allen. Sie sind von der Qualität her … hm … nicht ganz so das, was wir gewohnt sind. Die Cartwrights knipsen noch mit einem alten Modell, mit der „Eagle Eye RX 230“ von „Mufflon Optics“ oder irgendwie so was, jedenfalls sehen die Fotos etwas sonderbar aus.

Ich zeig sie euch trotzdem. Macht euch selbst eine Meinung dazu.






Den Lütten hatte Vater Cartwright für das Foto in den Sattel gehoben. Der schlief. Der schlief schon seit der Abfahrt von den Häuserruinen. Jack war platt, der kriegte nichts mehr mit, nicht mal den huckeligen Sattel im Rücken. Er lag da wie 'n Brett.


Wir haben ihn auf die Veranda tragen lassen. Dort konnte er ungestört abkühlen. Vorm Abendessen war er wieder fit. Da es unser letztes gemeinsames Mahl sein würde, hielten die Mädels Abendgarderobe für angebracht. Also musste der Kleine in den Waschzuber steigen. Die Mia und die Cora haben ihn abgeseift. Ein bisschen Zeckenspray aus dem Kulturbeutel hinterher. Macht nichts, wenn's mieft, Hauptsache Duft und ordentlich eingenebelt. Der Paule hat daneben gestanden und gesagt:
„Na-na, ein echter Pferdetreiber heult doch nicht.“

Das Abendessen war wieder grandios. Alle waren da, auch Adam und Little Joe. Hop Sing hatte alle Register gezogen. Es gab Koteletts mit Kartoffelbrei und Blumenkohl und zum Nachtisch diese herrliche Erdbeertorte:


Beim anschließenden Ausklang im Wohnzimmer vorm Kamin hat sich Little Joe diesmal nicht so schnell verkrümeln können, denn das wäre aufgefallen. Also musste er bleiben. Er hat sich aber weit weg von der Mia und der Cora gesetzt. Die Cora hat sich trotzdem herangerobbt. Irgendwann hockte sie dann doch neben ihm. Selig grinsend tat sie zu ihm raufschmachten. 

Die Mia
Deswegen gab es noch miese Stimmung, später in unserm Schlafzimmer, weil die Mia gemeint hat, die Cora hätte sich unerlaubte Vorteile verschafft und das täte man nicht als Freundin. Außerdem wäre Little Joe sowieso total blöd und superlangweilig und nur interessant für anspruchslose Frauen, die sowieso keinen Geschmack hätten.

Boah, fast hätte ich die beiden Zankweiber rausgeschmissen. Dieses ewige Getuschel und Gezicke, man konnte ja gar nicht schlafen.


Und weswegen das Ganze? Deswegen:



Die Cora hatte heimlich das Amulett zum Little Joe hingeschoben, als sie nah genug herangekommen und er fluchtsicher eingeklemmt gewesen war. Na, der wird sich gefreut haben. Hoffentlich baumelt das Ding jetzt nicht irgendeiner Kuh um den Hals. Das ist doch bestimmt nur Modemetall, das rostet doch im Regen auf der Koppel.

Na, jedenfalls war es vor dem Kamin noch sehr gemütlich. Adam hat seine Mundharmonika geholt und Hoss seine Quetschkommode und dann haben die Männer Cowboylieder gesungen und wir mit den Füßen den Takt dazu gestampft. Im Gegenzug haben wir ihnen das Streichholzspiel beigebracht. Ihr wisst schon, dazu klemmt man sich einen Streichholz zwischen den Oberkiefer und den Unterkiefer und versucht Wörter nachzusprechen. Bei „Husten“ sieht's besonders blöd aus. Wir haben alle sehr gelacht – außer der Cora und der Mia. Sie hatten Mitleid mit Little Joe. Bei „Hornissenhonig“ ist ihm die Schale Erdnüsse in den Schoss gefallen. Die salzigen Dinger haben aber keine Flecken hinterlassen.

Pit und Cora vor der gemütlichen Schrankwand der Cartwrights

Alkohol gab's diesmal keinen, nur ein paar Dosen Red Bull. Der Paule hat meine gleich mitgetrunken. Und die von der Cora und der Mia auch, weil die beiden ja eh nichts mitkriegten. Um Mitternacht waren wir im Bett. Der Ringelplüsch lag oben drauf, der Lütte davor und wir andern hatten uns auf den Rand des Fußteils gesetzt.

Jetzt fiel mir auch wieder ein, was mir die Putze aufgetragen hatte. Ich sollte was fragen. Was war das noch? Ach ja, ich sollte mich erkundigen, wie die Cartwrights das machen, dass sie den ganzen Tag durch Staub und Dreck reiten, unterwegs noch Wagenräder austauschen, sich ans Ufer knien und Gestrüpp durchqueren, aber die Klamotten tadellos sauber und immer perfekt gebügelt bleiben. Das interessierte die Putze, Little Joes helle Hose ganz besonders. Den Namen des Waschpulvers hätte sie gern gewusst. Mist, jetzt hatte ich das zu fragen vergessen. Ach, egal, ich habe ihr einfach gesagt, es hieße „Nevada Spirit“ von „Haltegriff & Haltegriff“. Seitdem durchsucht die Putze das ganze Internet nach dem Zeug. Gut, dann ist sie wenigstens beschäftigt. Das wird ja wohl noch ein wenig dauern, bis sie fündig wird, oder?

Fortsetzung folgt.

Fotos: Cora und Paule: © G.H.
          Pit und Jack: Club der glücklichen Vierbeiner
          Barbecue, Kinderteller, alte Stadt 1, alte Stadt 2, Gerümpel, Sheriffbüro, Pinnwand, Pferd: Pixabay 
          Alte Stadt 3, Torte: Morgefile
          Amulett: Photofacefun

© Max: Papageiengeschichten