Sonntag, 11. Oktober 2015

Der Rippchen-Trip (6. Teil)

Unser Aufenthalt auf der Ponderosa war beendet. Natürlich kriegten wir noch ein gutes Frühstück (diesmal mit ordentlich Rührei für den Ringelplüsch, gnihihi). Adam, Hoss und Little Joe waren schon unterwegs, Zäune reparieren unten am Creek, aber von denen hatten wir uns ohnehin schon am Abend verabschiedet. Der Pit hatte mit Hoss Gimme five gemacht und der Kleine war Little Joe um den Hals gefallen inklusive gründlicher Verirrung seiner Schnauze auf Mund und Nase seines Gegenübers. Der Anblick muss hart gewesen sein für die Mia und die Cora, zum einen wegen Eifersucht und zum anderen wegen kosmetischer Ruinierung ihres Anhimmelungssubjektes. Pampige Mienen waren das Ergebnis gewesen, die sich jedoch im Laufe der Nacht in Resignation gewandelt hatten. Die Mädels sagten fortan gar nichts mehr. Niemand fand das schlimm.

Wir reisten nun ab. Mir oblag es, noch schnell den üblichen Gastdank abzuliefern. Ich habe was aufgesagt von „wunderbar“, „unvergesslich“ und „herzlichem Dank“. Vater Cartwright nickte gütig dazu und Hop Sing tat uns zuwinken. Am Tor wartete schon die Limousine vom Reiseveranstalter. Ein Hostessen-Mann hielt uns die Tür auf.

Wir: 

WER WAR DAS????

Man fuhr uns nach Reno. Dort befindet sich bekanntlich der Flughafen. Wohin sollte es eigentlich gehen? Vor lauter Ponderosa hatten wir vergessen, uns danach zu erkundigen. Als die Mia den Namen hörte, erfuhr ihre miese Laune augenblicklich einen Tritt in den Hintern. Las Vergas … da erwachte gelangweilte Mimik plötzlich zu rotbäckiger Vorfreude und trübe Hennenaugen bekamen einen Kranz aus Strass und Pailletten. Nur die Cora war noch immer stinkig. Die hatte wohl noch zu tun mit ihrer Trauerarbeit.

Auf dem Rollfeld stand schon unsere Maschine bereit, keine große für den öffentlichen Transport, sondern eine ganz kleine mit beschränkter Sitzzahl unter fünf, also eine Art Modellflugzeug mit Pilotensteuerung.
„Gibt's da auch Film?“, tat der Lütte jubeln.


Ich konnte gerade noch rechtzeitig eingreifen und dem Paule seinen albernen Cowboyhut von der Birne schlagen, bevor wir einstiegen. Der Pit hatte einen Karton dabei, so sperrig wie für 'ne Mikrowelle.
„Was schleppst du denn da wieder mit?“, habe ich mich erkundigt.
Eine Antwort kriegte ich nicht. Der Karton wurde unter den Sitz geschoben.

In Flugzeugen ist es generell ein bisschen schwierig für uns wegen dem Anschnallen. Die Gurte sind ja nicht für uns gemacht. Doch wenn man die voluminösen Mitreisenden jeweils an die Seiten setzt, also in unserm Fall den Jack und den Pit, und wenn wir andern uns auf die Mitte verteilen, dann kann man einen passablen Halt herstellen. Jedenfalls für die paar Minuten reicht's.
„Nu pass doch auf, wo du hinlatschst!“
Leider fehlt manchen Leuten das Bewusstsein für die eigene Trampeligkeit.

Misslich an unserm Privatflug war auch, dass das Catering fehlte. Keine Stewardess tat uns Tomatensaft anbieten und der Pilot hatte auch keine Zeit dazu. Dafür wenigstens waren die Kotztüten gut erreichbar, und selbst unter den beengtesten Verhältnissen ist es noch möglich, dass sich ein Patient auf den Fußboden legt.
„Kann man hier nicht mal 'n Fenster aufmachen?“, hat die Mia vorgeschlagen.

Zu hungern brauchten wir trotzdem nicht. Wir waren kaum in der Luft, da tat der Pit sein Paket aufschnüren. Zum Vorschein kamen Schinken-Sandwiches vom Feinsten, Cola-Dosen, selbst gemachte Plätzchen und ein Obst-Sortiment. Da hatte die Knackwurst doch tatsächlich den Hop Sing um Proviant angehauen, die alte Schaufelnatter. Als hätten wir nicht genug zu essen gekriegt, als müsste man noch um Notration bitten. Hier bekam Fremdschämen eine neue Dimension. Freilich im Nachhinein betrachtet, unter dem Umstand, dass Aus-dem-Fenster-Gucken in viersitzigen Maschinen den Appetit anregt und zu unglaublichem Durst führt, war eine gewisse Milde angebracht. 


Die Cora tat Servietten verteilen, der Pit die Sandwiches. Das Schweizer Messer vom Opa wäre jetzt nützlich gewesen.
„Möchten Sie auch ein Cornichon-Gürkchen, Mister Pilot?“, hat die Mia höflich gefragt.
Den Rest haben wir in die letzten beiden noch verbliebenen Kotztüten verpackt und beiseite gelegt – damit der Jack was hatte, wenn es ihm besser ging.

Sobald man satt ist, macht es noch viel mehr Spaß, sich die Landschaft von oben anzuschauen. Genau genommen ist Nevada jenseits des Lake Tahoes und weniger anderer fruchtbarer Inseln ziemlich ungrün, eigentlich sogar recht eintönig. Offiziell läuft das unter Wüste. Dazu muss kein Kaktus braten und kein Sandsturm wehen, es reichen auch Felsen und Geröll: 


Oder so:


Variante mit Blümchen:


Stau ist hier unbekannt, glaube ich:


Auch bei schönstem Ausflugswetter:


Ohnehin ist ein großer Teil von Nevada Sperrgebiet. Man kann nicht gerade behaupten, dass der Bundesstaat dicht besiedelt wäre. In den leeren Teilen befinden sich militärische Testanlagen, unter anderem für Atomversuche und die berühmte Area 51. Dort in der Gegend gibt es den einzig nennenswerten Touristenmagneten für Ufos und Außerirdische, habe ich gehört. Da soll zeitweise richtig was los sein. Gern hätte ich mir das mal angeschaut, aber erstens wollte unser Pilot deswegen nicht extra landen, zweitens wären wir sowieso nicht reingekommen und drittens hat die Cora gemeckert, dass sie keine Lust hätte, sich im Geröll die Haxen anzustoßen.

Hier geht's zur Area 51

„Wie sehen eigentlich Außerirdische aus?“, hat der Paule gefragt.
„Na, klein, grün, mit dunklen Augen und einem deutlichen Eierkopf“, hat der Pit antwortetet.
Dieser Klugscheißer. Woher weiß der das? Redet daher, als würde er jeden Tag einem Alien höchst persönlich ins Gesicht schauen.

Bei der Area 51

Den Rest des Fluges habe ich gedöst. Der Paule hat Tagebuch geschrieben für seine Rebecca daheim („... ohne dein bezauberndes Lächeln ist alles kalt und öd.“) , die Mia hatte schon mal angefangen, sich für Las Vegas aufzubrezeln, der Cora war Ketchup in den Ärmel gelaufen, der entfernt werden musste, der Pit hat Kekse gefuttert, der Pilot hat gesteuert und der Jack hat gar nichts gesagt und nichts getan. Der war unsichtbar. Ich glaube, er lag noch immer unterm Sitz.

Gerade als die Landschaft ein wenig zu langweilen begann – bäh, Gestrüpp, Gestrüpp, Gestrüpp –,  hieß es plötzlich, wir würden gleich landen.
„Wo?“, hat die Mia geschrien.
Dabei hat sie fast den Pit umgerempelt, um aus dem Fenster sehen zu können.
Gleich darauf: Enttäuschung.
„DAS soll Las Vegas sein?“

Las Vegas

Es war noch hell, man hatte einen guten Blick auf die Zivilisation unter uns. Hihihi, das blöde Gesicht der Mia war sehenswert.
„Das sieht ja aus wie 'ne Kleingartensiedlung!“, hat sie geplärrt.
Tja … so kann man das nennen. Gut beobachtet.

Ich tat mich jetzt richtig freuen. Dem glitzernden Luxusleben in der pulsierenden Metropole stand nichts mehr im Wege. Ich war offen für alles. Mal sehen, was die Stadt uns noch bieten würde.

Fortsetzung folgt. 

Fotos: Cora und Paule: © G.H.
          Pit und Jack: Club der glücklichen Vierbeiner
          Flugzeug, Nevada 1, Nevada 2, Straße 1, Area 51, Schild, Nevada 3: Pixabay
          Sandwich, Straße 2, Las Vegas: Morguefile 

© Max: Papageiengeschten
 

9 Kommentare :

  1. Lieber Max,
    sei bitte nicht verärgert - ich klaue mir nur ein Schinkenröllchen und den Text - zum Schreiben und Stellung nehmen, da langt im Moment die Zeit hinten und vorne nicht - es wird auch wieder besser - versprochen mein Stolzer - deine Bente

    AntwortenLöschen
  2. Ich bitte dich, Bente. Jeder so, wie er kann. Ich bin nicht verärgert. Ich komme doch selbst nicht dazu, bei dir zu kommentieren (obwohl ich alles lese, wenn auch nicht immer zeitnah).

    Dein ... hach ... Stolzer, ja.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ...danke für dein Verständnis - ich wusste es! Stolz und groß im Charakter = ich wusste es !

      Die Deine

      Löschen
  3. Hallooooo, endlich kann ich wieder mitmischen. Wir hatten tagelang kein Telefon und kein Internet....irgend so ein Honk hat die Leitungen gekappt und bei uns ging nichts mehr.
    Und was soll ich sagen, der Max war ja schon wieder so fleissig....manoman, der Jack kommt kaum hinterher mit seinem Bornholmbericht und Du bist immer aktuell....Respekt.
    Aber ich habe ja auch Mitleid mit dem Kleinen...schließlich geht es ihm ja zwischendurch auch ganz schön schlecht..also das ausgerechnet er die Fliegerei nicht ab kann.
    Aber stolz bin ich ja wieder mal auf unseren Pit, wenn ihr den nicht hättet, verhungern würdet ihr, jawohl!
    Das der Jack aber den Little Joe geknutscht hat,,,,,,,genauso macht er das jeden morgen mit der Mama, er knutscht sie sozusagen wach.Die Mama kann dann so schnell gar nicht die Fratze unter die Decke stecken..

    Freue mich auf die Fortsetzung...

    Pit

    AntwortenLöschen
  4. Oh Mann, ohne Internet, das ist hart, Amy. Und ich dachte, auf dem Land wäre es geruhsamer als in der Stadt, oder liegt es daran, dass die Deppen alle zu euch ziehen?

    Warum der Lütte dauernd seine Schnauze in die Kotztüte steckt, sobald wir in der Luft sind, weiß ich auch nicht. Sogar der Grunzer damals mit seinem übersäuerten Magen hat das besser weggesteckt, dabei war der viel älter. Seid ehrlich, lest ihr dem Kleinen abends Nils Holgerson vor?
    Das würde erklären, warum er eine psychosomatische Höhenangst ausgebildet hat und sich jetzt nicht anders zu helfen weiß, als mit Übelkeit auf sich aufmerksam zu machen. Versucht es doch mal mit dem Froschkönig oder mit Dornröschen, da kommt keine Fliegerei drin vor. Obwohl: Nachher speit er vor Brunnen und Burgen, das wäre ja auch keine Alternative.

    In einem muss ich dir Recht geben: Was Essen betrifft, ist der Pit unschlagbar im Organisieren. Ich glaube, der lässt sich sogar noch am Kaugummi-Automaten eine Hundetüte aushändigen.

    Bis bald in Las Vegas – oder auf Bornholm, wer eher Zeit hat zum Berichten. Ich bin gespannt.

    AntwortenLöschen
  5. Hi Max,
    Frauchen pennt und ich komme endlich mal wieder ans Internet.
    Danke für deine Berichte, so konnte ich irgendwie bei eurer Tour dabei sein.
    Nun bin ich gespannt auf die weiteren Abenteuer.
    Wuff Tibi

    AntwortenLöschen
  6. Ich kenn das, Tibi. Die Menschen sind immer so anstrengend. Wollen dauernd bespaßt, bewacht oder betüddelt werden. Gott sei Dank, schlafen sie auch mal, damit man endlich zu den wirklich wichtigen Dingen kommt.

    Schön, dass du mitliest. Eine mitfühlende Seele kann ich gut gebrauchen. Darüber freue ich mich sehr. Danke!

    AntwortenLöschen
  7. Leider bin ich erst jetzt dazu gekommen, die letzten beiden Berichte durchzulesen. Die Berliner waren lange hier und ich hatte alle Krallen voll zu tun, um den Paule vor diesem 8 Monate alten Baby zu beschützen. Das Baby findet uns offensichtlich toll, da konnte ich meine Stimme erheben wie ich wollte. Der Ullige (Ruhrpott-Deutsch) wollte ständig seine Finger in die Voliere stecken. Ja, das hätte er mal wagen sollen....
    Jetzt ist wieder Ruhe eingekehrt und ich kann mich den wichtigen Dingen des Lebens widmen.
    Also, deine Reportage ist sehr gut (wie alle deine Berichte), allerdings möchte ich betonen, dass ich den Little Joe niemals angeschmachtet habe, die Mia auch nicht. Wir haben nur manchmal so getan, damit er sich gebauchpinselt fühlte.

    AntwortenLöschen
  8. Wohl hast du den Little Joe angeschmachtet! Und die Mia auch. Ihr seid darüber in Zickierei geraten. Ich hab doch daneben gestanden und alles genau gesehen. Von wegen mit Absicht. Der Mann braucht keine künstliche Bejubelung, dem liegen auch so alle Weiber zu Füßen. Probier's doch mal mit dem Klöckner von Notre Dame. Der ist noch zu haben, glaube ich. Hihihi.

    Ihr regt euch auf, wenn Geschöpfe in Kniehöhe den Finger in eure Voliere stecken? Da sitzen WIR doch drüber. Oder hat der Kleene geruckelt und euch verbal beleidigt? Jaaa, daaaann kann ich das verstehen. Das nächste Mal würde ich mit Bananenscheiben schmeißen. Bei den Gorillas im Zoo hilft das auch. Nur so als Tipp.

    AntwortenLöschen